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Gastbeitrag von Dr. Michael Obrovsky, Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE)

Money Matters! Der Rückgang der öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen Österreichs kommt nicht überraschend - Budgetäre Vorsorge und strukturelle Begleitmaßnahmen zu den internationalen Zusagen wurden verabsäumt.

Der internationale Vergleich der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit (ODA= Official Development Assistance) des Jahres 2009 zeigt deutlich, dass Österreich seine Leistungen im Vergleich zu 2008 am stärksten von allen „Gebern“ gekürzt hat. Rund 31% betrug die Reduktion der österreichischen ODA. Mit 0,30% des BNE1 an ODA-Leistungen2 lag Österreich im Jahr 2009 weit hinter der für das Jahr 2010 angepeilten und zugesagten Quote von 0,51% des BNE für öffentliche EZA.

Die Politik versucht diesen Rückgang mit der rezenten Finanz- und Wirtschaftskrise zu erklären und argumentiert weitere Kürzungen der OEZA bis zum Jahr 2014 mit der notwendigen Budgetkonsolidierung. Diese Erklärungsversuche greifen aber vor  dem Hintergrund der internationalen Verpflichtungen und Zusagen zur Anhebung der österreichischen ODA-Leistungen, die Österreich in den vergangenen 40 Jahren immer wieder getätigt hat, zu kurz. Die österreichische Bundesregierung hat bereits im Jahr 1970 bei der UN-Generalversammlung zugesagt, bis zum Ende der 1. Entwicklungsdekade 0,7% des BSP als öffentliche Entwicklungshilfe aufzubringen. Seit damals gibt es von den österreichischen Bundesregierungen mehr als 20 internationale Vereinbarungen und Zusagen, bei denen Österreich bekräftigt hat, dieses Ziel anzustreben und zu erreichen. Innerhalb der Europäischen Union hat Österreich die Erreichung der ODA-Quote von 0,7% des BNE bis zum Jahr 2015 als Beitrag zur Umsetzung der UN-Millennium Deklaration mehrmals bekräftigt. Lässt man die Zeit vor dem österreichischen EU-Beitritt (1995) außer Acht, dann bleiben immerhin noch 15 Jahre, in denen die jeweiligen Regierungen budgetäre Vorkehrungen zur Erreichung der internationalen Zielsetzungen treffen hätten müssen.

Die Ursache für die fehlenden finanziellen Mittel der österreichischen ODA bei  der Finanz- und Wirtschaftskrise zu suchen, prolongiert darüber hinaus noch die Rolle Österreichs als nicht gerade verlässlicher Partner der Partnerländer im Süden und Osten und der EU, denn ohne budgetäre Vorkehrungen und parteipolitisch übergreifende gemeinsame Anstrengungen (z. B. gemeinsame parlamentarische Entschließungsanträge, Festlegung eines verbindlichen ODA Pfades, gesetzliche Verankerung von EZA-Budgets, usw.), die der Realisierung der internationalen Zusagen und Verpflichtungen dienen, wird sich an dieser Situation auch in Zukunft nichts ändern.

Ein erster Schritt wurde zu Anfang des neuen Jahrtausends gemacht: Die Gründung der Austrian Development Agency - ADA im Jahr 2004 erfolgte vor dem Hintergrund  einer angekündigten Steigerung der österreichischen ODA-Leistungen. Im Hinblick auf den Beitrag Österreichs zur Umsetzung der MDGs wurde eine leistungsfähige Agentur geschaffen, mit der österreichische Programme und Projekte professionell organisiert werden können. Die angekündigte signifikante Steigerung  blieb aber ebenso wie ein konkreter, verbindlicher Pfad zur Erreichung der ODA aus. Wichtige Teile der  öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit (etwa das ADA-Budget im Haushalt des BMeiA, das für die konkreten Programme und Projekte der OEZA vorgesehen ist) zählen im Bundeshaushalt noch immer zu den Ermessensausgaben, die bei budgetären Engpässen als erstes automatisch gekürzt werden.

Die Veränderung des österreichischen Haushaltsrechtes hat darüber hinaus dazu beigetragen, dass Budgetobergrenzen für die einzelnen Ressorts bis zum Jahr 2014 im Parlament beschlossen wurden und jeder Bundesminister innerhalb seines Ministeriums Umschichtungen und Einsparungen vornehmen kann. Um die Budgetobergrenzen einhalten zu können, muss das BMeiA bis zum Jahr 2014 rund 47 Mio € einsparen. Aus dem BMeiA wird kolportiert, dass im Jahr 2011 Einsparungen in der Höhe von rund 15 Mio € vor allem die EZA betreffen werden. Dies trifft vor allem die operativen Programme und Projekte der österreichischen EZA, auch wenn vorsorglich Einsparungen im administrativen Bereich angedeutet werden3, können Kürzungen bei den Programmen und Projekten - vor allem im Bereich der Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit - nicht ausgeschlossen werden.

Einsparungen bei den gesetzlichen verankerten Beiträgen an UN-Organisationen sind nicht vorgesehen.

Wenn das Parlament und die Bundesregierung die internationale Verpflichtung zur Entwicklungszusammenarbeit gemäß den internationalen Vereinbarungen und Zusagen ernsthaft verfolgen möchte, dann müssten gemeinsam über die Parteigrenzen hinausgehende gesetzliche Grundlagen für die Absicherung der ODA-relevanten Budgets geschaffen werden.

Eine österreichische Außenpolitik, die es weiterhin verabsäumt, budgetäre Vorkehrungen für die Umsetzung seiner internationalen Zusagen und Verpflichtungen im Bereich der internationalen Entwicklungspolitik zu treffen, läuft Gefahr,  als „hinternational“4  abgestempelt zu werden, denn in der Armutsbekämpfung zählen die konkreten finanziellen Beiträge mehr als vage politische Zusagen.
 

1 BNE = Brutto- National-Einkommen
2 Vorläufige Berechnungen laut OECD DAC;  siehe: http://www.oecd.org/document/11/0,3343,en_2649_34487_44981579_1_1_1_1,00.html
3 siehe Kurier 2. Juni 2010: Das Außenministerium greift zum Rotstift
4 Kramer, Helmut: Österreich ist "hinternational" – Zur Stagnation und Krise der österreichischen Außenpolitik. in: International 1/2010