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Parlamentarisches Netzwerken gegen den Hunger – AWEPA-Workshop in Ghana

Beitrag von Wolfgang Pirklhuber, AWEPA Mitglied der Sektion Österreich, Die Grünen

Der Workshop zum Thema „Agrarpolitik und Klimawandel“ vom 30.09. bis 1.10 2010 organisiert von AWEPA in Zusammenarbeit mit AGRA (Alliance for the Green Revolution in Africa) und dem Parlament von Ghana sollte der Stärkung der parlamentarischen Kompetenzen in den Bereichen Hungerbekämpfung, Lebensmittelsicherheit und Klimawandel dienen.

Die Kernthemen des Workshops waren:

• Die Rolle des Parlaments bei Etablierung und Monitoring von Strategien der landwirtschaftlichen Entwicklung und des Klimaschutzes

• Politische und Legislative Maßnahmen für den Agrarsektor in Ghana

• Herausforderungen und Chancen für das Agro-Business in Ghana

TeilnehmerInnen am Workshop waren neben Mitgliedern von AWEPA und AGRA, NGOs, WissenschaftlerInnen aus Ghana, ParlamentarierInnen aus den Ausschüssen für Landwirtschaft, Lebensmittel und Kakao-Angelegenheiten, Umwelt, Forstwirtschaft sowie Armutsreduktion und VertreterInnen von Bauern-, Wirtschafts- und Interessensverbänden.

Mr. Tony Worthington, ehemaliger Abgeordnete aus dem englischen Parlament und AWEPA-Chef-Berater in der Region, erläuterte die Grundintentionen. Besonderes Augenmerk müsse auf die Erreichung des Millennium Development Goal 1 – Reduktion der Armut und des Hungers gelegt werden. Dazu sind die Mitarbeit der ParlamentarierInnen auf regionaler Ebene in ihren Wahlkreisen und insbesondere die Unterstützung der Bevölkerung bei Umsetzung lokaler und regionaler Projekte erforderlich. Ebenso notwendig sei die Stärkung der parlamentarischen Dienste und Sekretariate.

Mein Beitrag bei der Veranstaltung bestand in der Moderation einzelner Sitzungen, der Zusammenfassung von Ergebnissen, dem Fach-Input hinsichtlich Klimawandel und Landwirtschaft und in der Leitung eines Arbeitskreises. Bei der gesamten Veranstaltung wurden wir bestens unterstützt – federführend durch Frau Femke Brouwer als zuständige AWEPA-Programm-Managerin vom internationalen Büro Amsterdam.

Der Erste stellvertretende Sprecher des Ghanaischen Parlaments, Doe Adjaho, forderte die Mitglieder des Landwirtschaftsausschuss auf, politischen Druck auszuüben, damit auch mehr Budget-Mittel für die Landwirtschaft als bisher eingesetzt werden. Dr. Joan Kagwanja, Politik-Beraterin von AGRA erläutert, dass ihre Organisation etwa 15,5 Mio. $ an Beihilfen im Bereich Saatgut, Bodengesundheit und Marktaufbau zur Verfügung stellt – vorrangig für die Kornkammer im Norden Ghanas. Aus Gesprächen mit dem Vorsitzenden des Landwirtschafts-Ausschusses, Dr. Yakubu Al-Hassan, und einem jungen Bauern aus dieser Region hab ich erfahren, dass dort jetzt auch Soja – noch gentechnikfrei - angebaut wird, allerdings für den Export!

Rüdiger Behrens vom GTZ (Sponsor von AWEPA) konnte anhand konkreter Beispiele zeigen, dass gerade dezentrale Projekte zur Förderung der lokalen Landwirtschaft erfolgreich sind: lokale Obstverarbeitung, Trocknung von Kräutern und Obst mit thermischen Solartrocknern sind Beispiele für zukunftsweisende kleine Schritte für die bäuerlichen Gemeinschaften.

Dr. Augustin Wambo, ehemaliger Mitarbeiter von  NEPAD (New Partnership for Africa’s Development) aus Kamerun erläutert die Ziele des CAADP (Comprehensive Africa Agriculture Development Program): ein durchschnittliches jährliches Wachstum der landwirtschaftlichen Produktivität von 6%, sowie ein Mindesteinsatz von 10% der nationalen Budgets für den Agrarsektor. Eine bessere Einbindung der ParlamentarierInnen in die Umsetzung zur Erreichung dieser Ziele wird als notwendige politische Strategie diskutiert. Die Möglichkeiten einer stärkeren Einbindung betreffen vor allem Fragen des Ziel-Monitorings oder des Austauschs und Dialogs bezüglich klein-regionaler Umsetzungsstrategien bis hin zu öffentlichen Anhörungen zu Agrar- und Gesundheitsthemen in den Regionen.

Der Vorsitzende des Agrarausschusses, Dr. Alhassan, präsentierte die Ergebnisse der zweitägigen öffentlichen Anhörungen die in Kortorkor und Old Ningo im Dangme-District durchgeführt worden waren. Die BäuerInnen haben vor allem die hohen Kreditzinsen kritisiert (mehr als 20% für Agrarkredite!), die geringe Anpassung der Agrar-Technologien (1 Traktor auf ca. 1500 BäuerInnen), das Fehlen eines funktionierenden Veterinärwesens und allzu viel Bürokratie bei der Düngemittelbeschaffung. Insbesondere das Fehlen einer gezielten Politik für die Tierische Produktion wurde mehrfach kritisiert – auch der geringe Einsatz organischer Düngemittel hängt damit ursächlich zusammen.

Frau Adongo, Vertreterin einer Kleinbäuerinnen-Organisation hat vor allem die fehlende Einbindung der Interessen der Kleinst-BäuerInnen kritisiert. Das Parlament sollte sich gerade auch mit diesem Sektor aktiv beschäftigen, der schließlich einen wichtigen Beitrag für die lokale Lebensmittel-Versorgung leistet. Hier wären oft kleine technologische Verbesserungen sehr effizient. Darüber hinaus kritisiert sie verstärkt um sich greifendes Land-Grabbing und ungesicherte Eigentumstitel für Bäuerinnen in Ghana. Andere BauernvertreterInnen bemängelten die geringe Bereitschaft der Landwirte Hochertrags-Sorten z.B. Hybrid-Mais einzusetzen, die Saatgut-Mehrkosten würden durch höhere Erträge mehr als „wettgemacht“. Die Vereinigung der Fischer kritisierte illegale Fischfang-Techniken durch ortsfremde Personen und fehlenden Schutz durch die Regierungsstellen. Die Fischersfrauen, die die Fischverarbeitung (getrockneter und gesalzener Fisch) überhaben, forderten die Errichtung von Kühlhäusern zur Unterstützung der Fischverarbeitung.

Am zweiten Konferenztag fanden abschließend 3 Arbeitsgruppen statt, wovon ich persönlich den Arbeitskreis 2 – „Prioritäten für die Arbeit in den Regionen“ leiten durfte. Die Ergebnisse dieser Gruppenarbeit wurden von den Ausschuss-Vorsitzenden des ghanaischen Parlaments präsentiert und vom parlamentarischen Dienst dokumentiert.

Wesentliche Punkte waren u. a. die Notwendigkeit von Budget-Gesetzen, um die Vergabe-Prioritäten zu beeinflussen und kontrollieren zu können, die Etablierung einer Budget-Analyse-Kompetenz im Rahmen des parlamentarischen Dienstes, die Einrichtung von regionalen Sekretariaten, die die Vernetzung mit den regionalen Agrarbehörden und bäuerlichen Gemeinschaften organisieren könnten, sowie die Abhaltung von parlamentarischen Enqueten oder die Unterstützung von regionalen „Muster-Landwirtschafts-Betrieben“ mit Vorbild-Charakter.

Im zusammenfassenden Bericht wurde empfohlen, die Dokumentation der lokalen Hearings allen relevanten Stellen zugängig zu machen, das Budget für 2011 besonders an der Armutsbekämpfung auszurichten und 2-3 parlamentarische Enqueten zu den Themen Agrar-Kredite und Bewässerungssysteme insbesondere unter dem Gesichtspunkt Klimaschutz in den nächsten drei Jahren abzuhalten, die AWEPA auch unterstützen wird.