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Wahlen in Mosambik

(Vor)Wahlanalysen von Joseph Hanlon in den Mozambique Political Process Bulletins Herausgegeben von AWEPA (European Parliamentarians for Africa) und CIP (Centro de Integridade Pùblica) – zusammengefasst und aus dem Englischen übersetzt

Am 28. Oktober 2009 wurden in Mosambik die vierten nationalen Wahlen seit Ende des Bürgerkriegs und der Etablierung einer Mehrparteiendemokratie im Jahr 1994 abgehalten. Gewählt wurden ein Präsident, ein nationales Parlament sowie erstmals zehn Provinzparlamente. Der Wahlkampf verlief großteils friedlich.

Dem Wahlausgang zufolge wird die regierende Frelimo (Frente da Libertação de Moçambique) im neu gewählten Parlament (Assembleia da República) 191 der 250 Sitze innehaben, 51 Sitze gehen an die Renamo (Resistência Nacional Moçambicana) und 8 Sitze an die erst im März dieses Jahres gegründete MDM (Movimento Democrático de Moçambique). In den Provinzparlamenten ergibt sich ein ähnliches Bild – von den 812 Sitzen in den 141 Wahldistrikten gewann die Frelimo 703, die Renamo 83, die MDM 24 und eine Kleinpartei 2 Sitze. Die Präsidentschaftswahlen gewann der amtierende Präsident Armando Guebuza (Frelimo) mit einer überwältigenden Mehrheit von 75,01% der gültigen (67,51% der abgegebenen) Stimmen. Die Kandidaten der Opposition, Afonso Dhlakama (Renamo) und Daviz Simango (MDM) kamen auf 16,41% der gültigen (14,77% der abgegebenen) bzw. 8,59% der gültigen (7,73% der abgegebenen) Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei 45%. 

Die Beobachtermissionen der EU und des Commonwealth äußerten sich positiv über die Organisation und das Management der Wahlen sowie über die mediale Berichterstattung, übten jedoch harsche Kritik an der Vorgangsweise der Nationalen Wahlkommission (CNE). Diese lehnte im Vorfeld der Wahlen KandidatInnenlisten – vornehmlich der MDM – aufgrund angeblicher Unvollständigkeit ab, wodurch es dieser nur möglich war in 23 von 141 Wahldistrikten anzutreten. Generell wurden nur vier Parteien zu den nationalen Wahlen zugelassen. Von den 141 Wahldistrikten trat die Frelimo in 138, die Renamo in 34, die MDM in 23 und eine weitere Kleinpartei in drei Distrikten an. In sechs der zehn Provinzen standen faktisch nur KandidatInnen der regierenden Frelimo zur Wahl, was als massive Einschränkung der Wahlmöglichkeit gewertet wurde.
 
Seitens der CNE wurden nur unzureichende Begründungen hinsichtlich der Entscheidung über die Zulassung von Listen gegeben und es gab keine Dialogbereitschaft mit den abgelehnten Parteien, wie der MDM, die mehrfach argumentierte, sie hätte die notwendigen Daten und Informationen übermittelt. Für die internationalen Beobachterkommissionen ist nicht nachvollziehbar auf Basis welcher Gesetze und Wahlvorschriften die CNE agierte, denn in anderen Fällen konnten Namen von KandidatInnen nachgereicht werden und das Wahlgesetz erlaubt die Nachnominierung von neuen Personen anstelle abgelehnter KandidatInnen.

Neben diesen Problemen im Vorfeld der Wahlen kam es auch bei der Stimmenauszählung stellenweise zu Ungereimtheiten, beispielsweise in einigen Wahlsprengeln hohe Anteile von ungültigen Stimmen (vorwiegend für Daviz Simango), die durch einen Tintenfleck ungültig gemacht wurden, oder Wahldistrikte mit nahezu 100% Wahlbeteiligung und nahezu allen Stimmen für Armando Guebuza.

Bereits bei den Wahlen 2004 und 2008 hat es Vorfälle und Vorwürfe von Unregelmäßigkeiten und Wahlmanipulation gegeben und die Gebergemeinschaft ist nun zunehmend unwillig, derartige Vorgänge zu akzeptieren. Hauptkritikpunkte sind nicht nur die Ablehnung von Listen, sondern der Prozess vor den Wahlen an sich sowie die Stimmenauszählung. Beides sei nicht genügend transparent und verhindere die Gleichheit der Möglichkeiten für alle antretenden Parteien und KandidatInnen. Zudem seien die Wahlgesetze stellenweise verwirrend und kontradiktorisch und ermöglichen so zu große Interpretationsspielräume und individuellen Einschätzungen seitens der CNE, die dadurch oftmals weder als neutral noch als unabhängig agierend gesehen wird.

Während manche Beobachtergruppen, vor allem aus südlichen europäischen Ländern, die Wahlen trotzdem als prinzipiell professionell durchgeführt loben, gibt es verstärkten Druck seitens einiger Geber, vor allem aus den nördlichen EU-Staaten, den gesamten Wahlprozess einer Reform zu unterziehen. Als Reaktion auf die Ungereimtheiten werden sogar Kürzungen bzw. Umwidmungen der Budgethilfe für Mosambik erwägt. Insgesamt soll der Wahlprozess als Performanceindikator der G19 Budgethilfe (Gruppe der 19 Geberländer- und Institutionen, die in Mosambik finanzielle Unterstützung im Rahmen der Budgethilfe leisten) aufgenommen werden.

Als politische Auswirkungen sehen einige Analysten im Wahlausgang ein Zeichen dafür, dass durch die 2/3 Mehrheit der Frelimo der Raum für demokratische Auseinandersetzungen in Mosambik kleiner wird. Andererseits sind erstmals drei Parteien im Parlament vertreten. Die MDM hat jedoch einen Überlebenskampf vor sich, denn unter den derzeitigen parlamentarischen Regeln hat die Partei zu wenige Mandate, um eine so genannte „bancada“ (Bank) bilden zu können – dafür sind mindestens 11 Sitze im Parlament notwendig. Nur Abgeordnete aus einer „bancada“ können jedoch Mitglied einer Kommission werden, Anfragen an die Regierung stellen, Redezeit beantragen und haben das Recht auf Büroräumlichkeiten und Personal. Die Mindestmandatszahl für eine „bancada“ könnte jedoch von der Frelimo herabgesetzt werden – was von der internationalen Gemeinschaft sicherlich als integrierendes Zeichen gesehen würde.