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UNFPA Weltbevölkerungsbericht 2012 erschienen
Das Recht auf Entscheidung: Familienplanung, Menschenrechte und Entwicklung

Am 14. November wurde der neue Weltbevölkerungsbericht von UNFPA, dem Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, von der parlamentarischen Gruppe für reproduktive Gesundheit und Entwicklung gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft für Familienplanung vorgestellt. Im Fokus des diesjährigen Weltbevölkerungsberichts steht das Thema Familienplanung, zu der gerade in Entwicklungsländern kein selbstverständlicher Zugang besteht.

Familienplanung: Menschenrecht und doch ein Privileg
 
Das Millenniumsentwicklungsziel Nummer 5, die Müttersterblichkeit bis 2015 um 75% zu senken, rückt in weite Ferne. Weltweit haben 222 Millionen Frauen keine Möglichkeit zu verhüten. Daher wird es dieses Jahr in den so genannten Entwicklungsländern zu 63 Millionen ungewollten Schwangerschaften kommen. „Obwohl Familienplanung seit 1994 als Menschrecht anerkannt ist, hapert es auch 18 Jahre danach noch an der Umsetzung und ist primär ein Privileg westlicher Nationen“, prangert der Sozial- und SeniorInnensprecher der Grünen, Karl Öllinger, an.
 
Schwache Gesundheitssysteme und unzureichende Gesundheitsdienste tragen insbesondere in West- und Zentralafrika maßgebend zu ungewollten Schwangerschaften bei. Durch ausreichende Familienplanung könnte die Zahl der Abtreibungen um 26 Millionen, von 40 auf 14 Millionen, reduziert werden. Jährlich kommt es weltweit zu 21,6 Millionen unsicheren Abtreibungen, welche das Leben der Frauen gefährden.
 
Eine der Hauptursachen von Tod und Krankheit von Frauen

Weltweit werden schätzungsweise 40 Prozent aller unsicheren Abtreibungen bei Jugendlichen und Heranwachsenden durchgeführt. Diese sind einem höheren Risiko von Tod und lebenslanger Behinderung als erwachsene Frauen ausgesetzt. Mitverantwortliche Faktoren für den Anstieg der Abtreibungsraten sind Beschränkungen beim Zugang zu Verhütung sowie der weltweit wachsende Wunsch, kleinere Familien zu haben oder erst später im Leben Kinder zu bekommen.
 
Die Beeinträchtigung der reproduktiven Gesundheit gehört zu den Hauptursachen von Tod und Krankheit von Frauen im gebärfähigen Alter. Jährlich sterben etwa 287.000 Mädchen und Frauen an Komplikationen während der Schwangerschaft oder der Geburt. Die überwältigende Mehrheit aller Todesfälle – 99% – treten in Entwicklungsländern auf. 80 Prozent der Todesfälle wären durch medizinische Fürsorge vermeidbar. Ein Vergleich veranschaulicht den Unterschied zwischen reichen und armen Ländern: Während in Österreich bei 100.000 Lebendgeburten 4 Frauen sterben, sind es im Tschad 1.100. Trotzdem dringenden Bedarf an Familienplanung hat die österreichische Regierung ihre Zahlung an UNFPA von 1.1 Millionen Euro auf 1000 Euro im Jahr 2012 reduziert!

Jugendliche besonders stark gefährdet

Derzeit sind 44% der Weltbevölkerung unter 25 Jahre alt. Unter den 300 Millionen junger Frauen zwischen 15 und 19 Jahren ist der ungedeckte Bedarf an Familienplanung am höchsten. Der Weltbevölkerungsbericht erfasst, dass sich rund 2.500 Jugendliche täglich mit HIV infizieren und etwa 34% der Frauen in Entwicklungsländern, die heute zwischen 20 und 24 Jahre alt sind, vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet werden.

Im Vergleich zu erwachsenen Frauen sind junge Frauen einem zwei bis fünffach höheren Risiko ausgesetzt, an Komplikationen während der Geburt zu sterben. Am höchsten ist das Müttersterblichkeitsrisiko bei Mädchen, die vor dem 15. Lebensjahr ein Kind bekommen. Bei schwangeren Mädchen unter 19 Jahren ist das Risiko der Müttersterblichkeit viermal höher als bei Frauen, die mindestens 20 Jahre alt sind. Während in Österreich 10 von 1.000 Frauen ihr Kind im Alter zwischen 15 und 19 Jahren zur Welt bringen, sind in Niger 199 von 1.000 Müttern noch im Teenagealter.

Silvia Fuhrmann, die Jugend- und Kultursprecherin der ÖVP fordert konkrete Maßnahmen, um besonders die Situation der Jugendlichen zu verbessern: „Es gilt, politische und gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, um diese Missstände sichtbar zu machen, sie aus dem Weg zu räumen und Aufklärung zu leisten. Nur so wird der Weg für junge Frauen und Männer weltweit geebnet, ihr Recht auf Informationen und Dienstleistungen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit auch aktiv nützen und ausüben zu können.“

Entscheidenden Faktoren sind Bildung, Wohlstand und Wohnort

Der Hauptunterschied zwischen AnwenderInnen und NichtanwenderInnen besteht darin, dass die einen aufgrund ihres höheren Einkommens und Bildungsgrades einen besseren Zugang zu Informationen und mehr Wahlmöglichkeiten haben.

„Auch in Österreich ist der Zugang zu Familienplanung und Einrichtungen der reproduktiven Gesundheit nicht für alle Frauen und Männer gleich.“ Erläutert Frau Dr. Linemayer-Wagner, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Familienplanung, und weiter: „So bleibt der Zugang zu modernen Verhütungsmitteln und Gesundheitseinrichtungen vor allem Frauen aus ländlichen Regionen, die einen niedrigeren ökonomischen und sozialen Status haben, verwehrt.“

Kosten der Familienplanung

Um allen Frauen, die verhüten möchten, die Möglichkeit dazu zu geben, würde dies 8,1 Milliarden US-Dollar pro Jahr kosten – für Verhütungsmittel, Personal und Gesundheitssysteme. Das sind 4,1 Milliarden US-Dollar mehr, als heute investiert werden. Die zusätzlichen 4,1 Milliarden US-Dollar für Familienplanung würden 5,7 Milliarden US-Dollar für die Versorgung von Neugeborenen und Müttern einsparen.

„Familienplanung ist die wirksamste und kosteneffektivste Maßnahme zur Armutslinderung“, betont Petra Bayr, Bereichssprecherin für globale Entwicklung der SPÖ „sie steigert die körperliche und geistige Gesundheit von Mutter und Kind, gibt Müttern die Möglichkeit erwerbstätig und somit ökonomisch unabhängig zu sein und erhöht die Bildungschancen für die Kinder. Die zahlreichen sozialen und wirtschaftlichen positiven Effekte liegen auf der Hand.“

Rückfragehinweis: Johanna Marquardt Österreichische Gesellschaft für Familienplanung (ÖGF), j.marquardt@oegf.at

Die Printversion des Reports kann kostenfrei unter buero@oegf.at bestellt werden und steht zum freien Download unter http://unfpa.org/swp zur Verfügung.